Ziel

HouseEurope! ist eine Bürgerinitiative für eine EU-Rechtsvorschrift, die die Renovierung bestehender Gebäude fördert und deren Abriss aus Gründen von Finanzspekulation verhindert.

Gebäude werden heute eher als Investitionen denn als Lebensraum für Menschen behandelt. Aufgrund von Finanzspekulationen stehen Millionen von Quadratmetern leer und verfallen, oder sie werden abgerissen und ersetzt: von funktionierenden Einfamilienhäusern bis hin zu verlassenen Industrie- und Bürogebäuden. Diese Praxis schafft soziale und ökologische Probleme. Menschen stehen ohne Wohnraum da, und Ressourcen werden unnötig für den Bau neuer Gebäude beansprucht.

Während sich die öffentliche Aufmerksamkeit auf Bereiche wie Energie und Mobilität konzentriert, spielt der Bausektor eine wichtige Rolle bei den Problemen, mit denen wir heute konfrontiert sind. Die Bauwirtschaft ist für 38 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Alle Beteiligten - von der Immobilienbranche über Architekt*innen bis hin zur Bauindustrie - haben einen großen Einfluss auf unsere Umwelt und das Gefüge unserer Gesellschaft.

Wir sind Zeugen der unaufhörlichen Zerstörung unserer Umwelt und der Verschwendung wertvoller Ressourcen. Dennoch halten wir ein System aufrecht, in dem es billiger ist, etwas Neues zu kaufen, als sich um das Alte zu kümmern. Wir halten ein System aufrecht, in dem der finanzielle Profit Vorrang vor dem Wohlergehen der Menschen und des Planeten hat. Ein System, in dem Renovierung und Anpassung gegenüber Abriss und Neubau in den Hintergrund getreten sind. All das ohne Rücksicht auf die dramatischen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Folgen.

Das öffentliche Bewusstsein, unser Wertesystem und die bestehenden Gesetze machen es möglich, den Lebensstil dieser Gesellschaft aufrechtzuerhalten.

Bewusstsein, Werte, Gesetzgebung

Im westlichen Kapitalmarkt sind Gebäude nicht nur zu einer Investition, sondern auch zu einem Brennpunkt für Finanzspekulationen geworden. Viele Investoren kaufen Immobilien, nicht in der Absicht, sie zu bewohnen oder zu vermieten, sondern rein in Erwartung einer finanziellen Wertsteigerung. Dieser Spekulationstrieb wird durch verschiedene Faktoren verstärkt, und die Auswirkungen sind tiefgreifend.

Unser System ist darauf ausgelegt, abzureißen und neu zu bauen. Das hat in der Vergangenheit funktioniert, als die Ressourcen scheinbar unendlich vorhanden waren und der Neubau billiger, schneller und einfacher war als der Umgang mit bestehenden Gebäuden. Die gegenwärtige Material- und Energieknappheit zeigt uns, dass dass Ressourcen begrenzt sind und dieses System nicht mehr funktioniert.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Rolle der Bauindustrie bei den Problemen, mit denen wir heute konfrontiert sind, Teil unserer täglichen Gespräche wird, denn ihre Auswirkungen auf unser Leben sind dramatisch.

Die Überschneidung von Spekulation und den Bedürfnissen von Gemeinschaften und Ökosystemen ist komplex. Die Entwicklung ist zwar für die Entwicklung einer Gesellschaft unerlässlich, aber es muss auch sichergestellt werden, dass sie nicht mit dem Verlust von funktionalen Gebäuden und der Schädigung bestehender Gemeinschaften einhergeht. Unser Ziel ist es, Licht in die spekulativen und schädlichen Praktiken der Immobilienentwicklung zu bringen, die sich auf jeden von uns auswirken.

Grund 1: Profit geht vor Gemeinschaft
Die Verlockung erheblicher finanzieller Gewinne überschattet häufig die Bedürfnisse der Gemeinschaft oder den sozialen Wert bestehender Strukturen. Gebäude, die als Gemeinschaftszentren oder erschwingliche Wohnungen dienen, können verkauft und abgerissen werden, um Platz für Luxuswohnungen, Einkaufszentren oder Büros zu schaffen, wodurch sich das soziale Gefüge von Stadtvierteln verändert.

Grund 2: Gentrifizierung und Erneuerung
Wenn Stadtteile im Trend liegen oder für die Stadterneuerung vorgesehen sind, werden häufig ältere Strukturen, die manchmal einen historischen oder kulturellen Wert haben, durch neue Entwicklungen ersetzt, die eine wohlhabendere Bevölkerungsgruppe ansprechen. Dies kann die Immobilienwerte in dem Gebiet in die Höhe treiben, oft auf Kosten der alteingesessenen Gemeinden.

Grund 3: Wahrgenommene Modernität
In manchen Fällen werden Neubauten im Vergleich zu älteren Gebäuden als attraktiver oder moderner empfunden, selbst wenn letztere strukturell solide und funktional sind. Das Streben nach Modernität und der Wunsch, eine bestimmte Bevölkerungsgruppe oder Klientel anzuziehen, kann Bauträger dazu veranlassen, Gebäude abzureißen und neu zu bauen.


Grund 4: Grundstückswert vs. Gebäudewert
In den besten Gegenden übersteigt der Wert des Grundstücks oft den Wert des Gebäudes selbst. Ein älteres Gebäude auf einem Grundstück kann weniger Einkommen generieren oder einen geringeren Wert haben als das potenzielle neue Gebäude, das es ersetzen könnte. Die spekulative Vision dreht sich oft um den Abriss bestehender Gebäude, um Platz für dichtere, höhere oder modernere Konstruktionen zu schaffen, die höhere finanzielle Erträge versprechen.

Grund 5: Steueranreize und -vergünstigungen
In bestimmten Ländern gibt es steuerliche Anreize für Neubauten oder Erschließungen, so dass es für Eigentümer finanziell vorteilhaft ist, abzureißen und neu zu bauen.
 Um von den Abschreibungsvorteilen zu profitieren, werden funktionierende Gebäude oft abgerissen und durch neue, manchmal kleinere Gebäude ersetzt. Diese neuen Vermögenswerte ermöglichen es den Eigentümern, die Steuern für ihre Portfolios zu optimieren. Bei dieser Strategie wird finanziellen Gewinnen Vorrang vor dem Raumnutzen eingeräumt.

Grund 6: Spekulationsblasen und Risiken
Wenn sich die Immobilienmärkte aufheizen, kann sich eine Art Herdenmentalität einstellen, bei der jeder ein Stück vom "nächsten großen Ding" haben will. In einem solchen Umfeld können selbst funktionale und genutzte Immobilien zu Zielen für den Erwerb und die Sanierung werden, angetrieben durch den spekulativen Glauben an mögliche zukünftige Gewinne.

Das Abriss-Drama

Bis 2050 werden wir in Europa 2 Milliarden Quadratmeter bestehender Flächen abreißen. Von Amsterdam bis Athen, von Riga bis Rom werden wir das Äquivalent der Hälfte des deutschen Gebäudebestands und mehr als Paris oder Berlin in ihrer Gesamtheit abreißen. Stattdessen werden wir Milliarden von Quadratmetern neuer Fläche als Ersatz für das Bestehende bauen. Dies führt zu drei Hauptproblemen: Wohnungsverlust, Arbeitsplatzverlust und Energieverlust.

Soziales Problem = Wohnungsverlust
Wir reißen bestehende Gebäude ab, in denen mehr als 50 Millionen Menschen untergebracht werden könnten. Die harte Realität ist jedoch, dass jedes Jahr zahllose Menschen ihr Zuhause aufgrund von Abriss und steigenden Preisen für Neubauten verlieren.

Es gibt zwei bedauerliche Tatsachen: Erstens werden bestehende Gebäude meist nur aus finanziellem Gewinnstreben abgerissen. Die Mieter werden vertrieben, weil es rentabler ist, abzureißen und neue Wohnungen zu bauen, als das bestehende Gebäude zu renovieren oder zu erhalten. Zweitens: Selbst wenn neue Wohnungen gebaut werden, sind die ursprünglichen Bewohner oft nicht in der Lage, zurückzukehren, weil die Kosten in exorbitante Höhen steigen.

Wirtschaftliches Problem = Verlust von Arbeitsplätzen
Im Baugewerbe profitieren vor allem die großen Unternehmen von Abriss und Neubau. Kleine und mittlere Unternehmen haben die Möglichkeit, durch Renovierungs- und Anpassungsprojekte zu florieren.

92 % der Architekturbüros in Europa bestehen aus einem bis fünf Mitarbeitern. Angesichts einer Renovierungsrate, die sich verdreifachen müsste, um alle EU-Bürger unterzubringen, würden diese kleineren Büros finanziell von den zunehmenden Projektmöglichkeiten profitieren.

Ökologisches Problem = Energieverlust
Unsere gebaute Umwelt birgt eine beträchtliche graue Energie, die unzählige Tonnen CO2 umfasst. Mit jedem Gebäude, das wir abreißen, verschwenden wir die gesamte Energie, die bereits in seinen Bau investiert wurde.

Der Gebäudesektor ist für 1 Grad (von 3 Grad) oder ⅓ der CO2-Emissionen verantwortlich. Allein die Gebäude in der Europäischen Union sind insgesamt für unglaubliche 36 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Aber das Problem geht über die Emissionen hinaus.

Let’s fix it!

The Renovation Story

Wir brauchen eine sozial-ökologische Umgestaltung des Gebäudebestands. Das bedeutet, dass wir unsere Einstellungen und Praktiken ändern müssen, indem wir den Wert bestehender Gebäude sehen und anerkennen und ihre Renovierung unterstützen. Die Renovierung ist eine großartige Lösung, um erschwinglichen Wohnraum zu schaffen, kleine und mittlere Unternehmen im Bausektor zu unterstützen und gleichzeitig die CO2-Emissionen massiv zu reduzieren. Die von der Europäischen Union im Rahmen des Europäischen “Green Deal” initiierte “Renovierungswelle” kann den Menschen helfen, unter wesentlich besseren Bedingungen zu leben, und ist langfristig sogar wirtschaftlich vorteilhaft.

Dieser Wandel braucht Zeit, aber wir haben einen einfachen und konkreten Fahrplan ausgearbeitet: Erhaltung, Anpassung, Renovierung, Transformation

Erhaltung: Wiederverwenden, nicht abreißen!
Wir fordern den Erhalt bestehender Gebäude und der bereits investierten Energie. Auf diese Weise können wir wertvolle Ressourcen einsparen und soziale und kulturelle Werte erhalten. Unser Ziel ist es, der Wiederverwendung Vorrang vor dem Abriss zu geben und damit einen ersten Schritt in Richtung bezahlbarer Lebensräume für alle zu tun.

Anpassung: Anpassen, nicht aufgeben!
Wir rufen zur Anpassung bestehender Strukturen und ungenutzter Räume auf. Auf diese Weise können wir dem europäischen Gebäudebestand einen neuen Zweck und eine neue Geschichte geben und die Wahrnehmung des Wertes des Bestehenden neu gestalten. Unser Ziel ist es, Gebäude, die nicht mehr genutzt werden, anzupassen und so das Potenzial des vorhandenen Gebäudebestands zu stärken.

​Renovierung: Bauen für die Zukunft!
Wir fordern die Renovierung, Reparatur und Pflege bestehender Gebäude. Dadurch werden Abfälle und CO2-Emissionen reduziert. Unser Ziel ist es, zukunftssicher zu renovieren, d. h. wir müssen nachhaltig (um-)bauen und den unnötigen Einsatz von zusätzlichen Materialien und Neubauten jetzt und in Zukunft begrenzen.

​Transformation: Werte verändern!
Wir fordern die Umgestaltung bestehender Strukturen im sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Sinne. Unser Ziel ist es, eine Politik umzusetzen, die Gerechtigkeit, Widerstandsfähigkeit und Gemeinschaftsbildung gewährleistet. Wir brauchen neue kulturelle Narrative: Wir wollen Räume nicht mehr als Ware betrachten, sondern als Notwendigkeit.

Stellen Sie sich vor, Sie beantragen einen Bankkredit für eine Renovierung. Die Banken müssen für eine Renovierung dreimal mehr rückversichern als für einen Neubau. Die Zinssätze steigen und die Leute sind fast gezwungen, neu zu bauen. Sie sehen: Wir befinden uns in einem Teufelskreis.

Wie können wir also einen Wandel und eine Veränderung der Realität schaffen?

HouseEurope! die europäische Bürgerinitiative

Es gibt bereits viele Menschen, Gruppen, Initiativen und Organisatoren, die sich für eine sozial-ökologische Umgestaltung des Gebäudebestands einsetzen und damit etwas bewegen. Wir wollen diese Bemühungen unterstützen, indem wir unser Fachwissen und unsere Instrumente einbringen. In mehr als fünfzehn Jahren der Entwicklung von adaptiven Umnutzungs- und Renovierungsprojekten haben wir eine Praxis aufgebaut, die die Gesetzgebung und das Geschichtenerzählen als aktive Gestaltungsmittel berücksichtigt.

Deshalb haben wir die Europäische Bürgerinitiative HouseEurope! gegründet. Eine Europäische Bürgerinitiative (EBI) ist ein großartiges Instrument für direkte Demokratie. Ähnlich wie bei den Schweizer Volksabstimmungen, können Bürgerinnen und Bürger aus allen EU-Ländern mit der EBI neue Gesetze oder Änderungen an bestehenden Gesetzen vorschlagen. Wenn eine Million EU-Bürger aus mindestens sieben Ländern das Anliegen unterstützen, muss die Europäische Kommission den Vorschlag prüfen und eine Arbeitsgruppe damit beauftragen. Auf diese Weise haben die Bürgerinnen und Bürger ein direktes Mitspracherecht bei der Gestaltung der EU-Politik und können die Aufmerksamkeit auf wichtige Themen lenken.

Gemeinsam streben wir eine Alternative zu den derzeitigen Rechtsvorschriften an, die Abriss und Wiederaufbau gegenüber Renovierung und Anpassung bevorzugen. Um dies zu erreichen, brauchen wir alle, die diese Forderung verstehen, sich ihr anschließen und unterstützen. Wir brauchen uns gegenseitig!

Mitmachen, Unterstützen, Unterschreiben

Sie mieten eine Wohnung? Sie besitzen ein Gebäude? Sie sorgen sich um die Umwelt? Sie arbeiten in der Baubranche? Fast jede*r ist oder wird von spekulativen Immobilienpraktiken und den damit verbundenen Schäden betroffen sein. Denn: Jedes Gebäude ist potentiell vom Abriss bedroht! Die Spekulation treibt den Abriss und Neubau voran. Dies führt zum Verlust von Wohnraum, von Arbeitsplätzen und von Energie.

Sie können etwas bewirken - setzen Sie dieser Praxis ein Ende und verändern Sie die Realität! Mit Ihrer Unterstützung, Ihrer Stimme und Ihrer Unterschrift können wir uns für Vorschriften einsetzen, die den Wert bestehender Gebäude anerkennen und schützen. Dabei geht es aber nicht nur um Materialien und Energie, sondern auch um die Werte, die wir als Gesellschaft vertreten. Indem wir verlassene Gebäude aktivieren, ebnen wir den Weg für eine lebenswerte Zukunft - für uns, unsere Kinder und alle künftigen Generationen.

Status: Wir sind gerade dabei, unseren Gesetzesvorschlag zu verfassen. Melden Sie sich für den Newsletter an und erhalten Sie Updates zur Initiative und eine Erinnerung, wenn die Unterschriftenperiode beginnt.